In den Inventaren des Dresdner Grünen Gewölbes lautet mitunter die Beschreibung einer Reihe von Goldschmiedearbeiten »mit bunten Farben eingelassen«, die zumeist mit Naturalien wie Mollusken und Straußeneiern oder auch mit Edelsteinen versehen sind. Und tatsächlich kann man bei genauer Betrachtung immer noch Reste von Farben finden, die einst ausgewählte Partien der Werke vollständig bedeckt und damit deren Erscheinung maßgeblich bestimmt haben. Es handelt sich dabei keineswegs, wie man bei edlen Metallarbeiten vermuten möchte, um Email, sondern um sogenannte Farbfassungen, die in Abgrenzung zu dem Schmelzverfahren des Emaillierens oft mit dem irreführenden Begriff »Kaltemail« bezeichnet werden. Viele Goldschmiedewerke der Renaissance und des Barock hat man sich also ursprünglich wesentlich farbenfroher vorzustellen, als sie sich heute präsentieren - dies ist die zentrale Erkenntnis der Kunsthistoriker und Restauratoren am Grünen Gewölbe, die sich den Farbfassungen im Rahmen eines Forschungsprojekts erstmals in umfassender Weise gewidmet haben. In Kooperation mit Naturwissenschaftlern der Hochschule für Bildende Künste Dresden näherten sie sich dem Thema auf unterschiedlichen Wegen. Die vorliegende Publikation fasst die gewonnenen Ergebnisse zusammen und beantwortet viele der spannenden Fragen nach der Bedeutung eines heute kaum beachteten Gestaltungsmittels.